Und wie nun beginnen?

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Trotz intensiver Nachforschungen im Larsson, nachfragen in den Foren und auch besichtigen von Bildmaterial anderer Restaurierungsprojekte wurde ich nicht klug. Niemand war sich einig, wie man eine Restauration beginnt. Einige schrieben, man solle die Farbe drauf lassen, damit das Holz nicht austrocknet. Andere meinten, zuerst muss der Kiel weg, damit man besser an den Bootsrumpf kommt. Ich fand zwar alles schlüssig, entschied mich aber aus praktischen Gründen auf ein anderes Vorgehen. Zuerst musste die Farbe weg. Es war Winter und in der Werkstatt herrschte ein entsprechend kühles Klima, ideal um mit dem Heissluftföhn die Farbe aufzuweichen und sportlich mühsam abzukratzen. Das gab warm und zudem konnte ich mir ein wahres Bild über den Zustand des Holzes verschaffen. Ich konnte so abschätzen, welches Holz in welcher Menge ich brauchte und es schon mal bestellen, damit es Zeit hatte, sich vor dem Verbauen an das Klima anzupassen. Zudem konnte ich besser abschätzen, in welchem statischen Zustand das Schiff war. Ich wollte es nicht riskieren, dass es sich in irgend einer Weise verzog oder gar auseinander fiel, denn ich besass keine Zeichnungen für die Rekonstruktion.

Also, los ging die Kratzerei. Die ersten Stunden waren schon ernüchternd und ich war echt froh, lediglich 7 Meter Schiffslänge schälen zu müssen. Aber es ist kaum zu glauben: Es machte süchtig. Sei es von den wohl eher ungesunden Dämpfen oder eben von dem sichtbaren Freilegen der Geschichte. So mussten sich die Archäologen fühlen, wenn sie auf eine Grabplatte stiessen. Ein Rätsel wuchs mit jedem freigelegten cm Planke: Was war das für ein Holz? Die üblichen Holzsorten wie  Mahagoni oder Lärche waren es nicht.

Zum Glück führte im Februar die Michelsen Werft in Friedrichshafen das besagte Restaurierungsseminar durch. Ein Schwerpunkt waren die Holzarten, welche im klassischen Schiffsbau verwendet wurden. So kam bei mir der Verdacht auf, dass es sich um Oregon Pine handeln könnte, obwohl mir der erfahrene Werftbesitzer versicherte, dass man damit vor allem Stabdecks und Masten fertigte.

Zurück in der Werkstatt schnitt ich mutig ein Stück Planke aus dem Rumpf. Erstaunlich war, dass trotz der äusserlichen Fäulnis ca. 70% des Kerns absolut gesund waren. Nach Überschleifen des Holzes stellte sich eine helle, leicht gelbliche Farbe ein. Der Geruch erinnerte an Zitrone und eher harziges Holz. Meine Annahme schien sich zu bestätigen: Es war Oregon Pine.

Zum Glück hatte ich noch Besuch von einem erfahrenen Bootsbauer, der mir meine Vermutung bestätigte. Soweit so gut, aber woher bekommt man so was? Google sei Dank fand ich im Luzerner Land die Holzhandlung Hüsler. Sie schienen Erfahrung mit verschiedensten Hölzern für den Bootsbau zu haben. Auf deren Website konnte ich nochmals die Beschreibung der Hölzer nachlesen und fragte schon mal an, ob sie Planken in Oregon Pine fertigen konnten. Wie wenn das alltäglich wäre, kam eine Bestätigung. Ihnen war sogar klar, wie der Schnitt sein musste für Planken.

Je weiter ich die Farbe entfernte, umso mehr Geschichte kam zum Vorschein. Da waren eingesetzte Planken, aus welchem Holz auch immer. An einer Stelle war eine starke Beschädigung, vermutlich von einer Kollision herrührend, mit einer rechteckigen Sperrholzplatte repariert worden. Im Unterwasserbereich waren die Stösse völlig durchgefault. Insgesamt dürfte das ein schönes Patch Work geben. Ich befürchtete auch, dass bei der Demontage des Kiels einiges auseinander fallen könnte.

So war für mich dann die Reihenfolge der ersten Arbeiten klar. Farbe weg, Bestandsaufnahme des Holzes und Bestellung desselben, tragende Teile wie Spannten, Bodenwrangen und Kielplanke zuerst sanieren und dann erst Kiel weg und Planken tauschen. Ich wusste nun auch, warum ich keine Lösung für die Reihenfolge der Restaurierungsschritte gefunden hatte. Es kommt eben drauf an…….

Ob die Überlegungen richtig waren, wird sich zeigen. Jedenfalls hatte ich nicht den Mut, das im Forum kundzutun aus Angst ob der Schelte von erfahrenen Restauratoren. Wie heisst es: Aus Schaden wird man Klug und wenn der Schaden ja schon da ist, kann man nur noch Klug werden.

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